Drehscheibe

frei verfahrbare Drehscheibe mit Hydraulikantrieb

Die Staatsoper Unter den Linden in Berlin zog im Sommer 2010 ins Schiller Theater. Das neue Haus besitzt keine Hausdrehscheibe. Für mehrere Neuinszenierungen werden Drehscheiben mit unterschiedlicher Form und unterschiedlichen Durchmessern benötigt.

Drehscheibe mit der Unterteilung der einzelnen Segmente und der beiden Antriebsringe

Da kein gesondertes Budget zur Verfügung stand, mußte die Planung mit möglichst viel vorhandenem Material bewältigt werden. Es fiel die Entscheidung für einen Hydraulikantrieb – Hydraulikmotoren, Ventile und zwei Gastspielaggregate waren vorhanden. Die Podien und Züge der „alten“ Staatsoper wurden per Hydraulik bewegt.

Im Bild die Druckzylinder aus dem Jahre 1926, gefüllt mit einer Wasser-Öl-Emulsion, im Hintergrund eine der drei Hydraulikpumpen (Anlagendruck 140 bar):

alte Hydraulikanlage im Keller der Staatsoper

Als Antriebssystem wählte ich beidseitig am Antriebskranz andrückende Vollgummiräder. Die 4 gegeneinander drückenden Andruckrollen (Andruckkraft 5kN; Reibzahl 0,6 auf gesandstrahltem Stahlprofil; 320Nm pro Motor) erzeugen einen tangentialen Vortrieb, der keine Kraft auf den Königszapfen bzw. das Rahmensystem der Drehscheibe leitet.

Antriebskizze mit schematischer Darstellung der Hebelkräfte und der verschränkten Andruckrollen

Die Drehscheibe ist dadurch leiser, als würde man mit einseitig wirkenden Andruckrollen arbeiten, da sich die sonst auf die Drehscheibenkonstruktion und den Mittelpunkt wirkenden Kräfte aufheben und direkt am Antriebskranz in tangentialer Richtung wirken.

fertige Antriebsmechanik im Keller des Schillertheaters

Um freies Verfahren innerhalb von Sekunden zu realisieren waren aber noch weitere Hürden zu nehmen:
– die Zentrierung mußte sich lösen
– der Antrieb mußte sich lösen und in die Unterbühne fahren.

Zudem wird durch das freie Verfahren mit Tellerrollern ein ca. 5x höheres Anfahrmoment notwendig, als mit feststehenden Rollen. Bei einer Drehscheibenlast von 12t Dekoration und Chor muß am Antriebskranz mit 1,6t gezogen werden, um ein sicheres Anfahren zu gewährleisten.

Mechanische Abfolge für das Einsetzen der Drehscheibe

In der Animation erkennt man, wie sich die Antriebsräder vom Antriebskranz lösen und der Fahrkorb die Antriebsräder absenkt, so daß die Drehscheibe darüber wegfahren kann – beide Bewegungen werden mittels Hydraulikzylinder umgesetzt.

Die Segmentierung wurde für die Opern Wozzeck, Metanoia, Pelleas und den Einsatz auf der Probebühne konzipiert.